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Abnahme von Sonder- und Gemeinschafts­eigentum

Ein Bauträgervertrag ist ein Vertrag, dessen Gegenstand die Errichtung oder der Umbau eines Hauses oder vergleichbaren Gebäudes ist. Er enthält außerdem die Verpflichtung des Unternehmers, dem Besteller das Eigentum des Grundstücks zu übertragen. Der Besteller wiederum ist verpflichtet, das vertragsgemäß hergestellte Werk abzunehmen. Im rechtsgeschäftlichen Sinne bedeutet das die Billigung des Werkes als im Wesentlichen vertragsgerecht.

Formen der Abnahme

Die Abnahme kann:

  • ausdrücklich erklärt werden,
  • konkludent zustande kommen,
  • oder fingiert werden.
ausdrückliche Abnahme
Bei einer ausdrücklichen Abnahme äußert sich der Besteller unmissverständlich gegenüber dem Bauträger – er gibt eine Erklärung ab.

konkludente (= stillschweigende) Abnahme
Eine konkludente Abnahme ist dann gegeben, wenn ein Erwerber nicht mittels einer Erklärung, sondern durch sein tatsächliches Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er das Werk des Bauträgers als vertragsgerecht billigt.

Ein solches Verhalten des Erwerbers kann z. B. darin bestehen, dass er die vom Bauträger hergestellte Wohnung bezieht, diese ohne die Anzeige von Mängeln nutzt und die Rechnungen des Bauträgers vollständig bezahlt.

Eine konkludente Abnahme setzt den Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist voraus. Die Billigung des Werkes liegt nicht alleine in der Aufnahme der Nutzung, sondern in der anschließenden tatsächlichen Nutzung. So kann erst nach einer gewissen Nutzungszeit ohne Beanstandungen von einer Billigung ausgegangen werden. Hat der Erwerber hingegen Mängel gerügt, steht dies einer konkludenten Abnahme durch Ingebrauchnahme entgegen.

Mehr erfahren Sie hier.

fiktive Abnahme
Die Abnahmefiktion ist geregelt in § 640 II BGB, hier heißt es: „Als abgenommen gilt ein Werk auch, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat.“

Eine fiktive Abnahme liegt demnach vor, wenn sich ein Besteller nach Setzung einer Frist gar nicht äußert oder die Abnahme ohne Nennung eines Mangels verweigert. Ein Besteller wird nach Verstreichen der gesetzten Abnahmefrist so behandelt, als ob er der Aufforderung zur Abnahme nachgekommen wäre und die Abnahmeerklärung abgegeben hätte. 

Achtung: Ist der Besteller ein Verbraucher, tritt die Rechtsfolge der Abnahmefiktion nur ein, wenn der Bauträger den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme in Textform hingewiesen hat.

Es ist nicht notwendig, dass der Erwerber alle Mängel angibt, die Fiktion ist bereits zerstört, wenn ein Mangel benannt wird. Dabei ist es unerheblich, ob wesentliche oder unwesentliche Mängel benannt werden. Mehr erfahren Sie hier.

Die Fiktion der Abnahme ist ausgeschlossen, wenn eine förmliche Abnahme vereinbart worden ist. Aber Achtung: Die Vereinbarung einer förmlichen Abnahme kann geändert werden – dies ist sogar konkludent möglich.

Abnahmepflicht / Darlegungs- und Beweislast

Der Besteller ist verpflichtet, die Abnahme zu erklären, wenn das hergestellte Werk dem vertraglich geschuldeten Werk entspricht und es keine wesentlichen Mängel aufweist. Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Abnahme trägt der Bauträger. Er muss beweisen, dass das Werk frei von wesentlichen Mängeln fertiggestellt ist. Lesen Sie hier mehr.

Nach wohl überwiegender Ansicht ist es möglich, den Umfang der Herstellungspflicht vertraglich zu beschränken. Sollen auf einem Grundstück z. B. mehrere Gebäude vom Bauträger errichtet werden, kann vereinbart werden, dass der Bauträger einem Besteller nur die Errichtung des Gebäudes schuldet, in welchem sich die Wohneinheit dieses Bestellers befindet. Aufgrund einer solchen Vereinbarung beschränkt sich die Abnahmepflicht auch nur auf dieses Gebäude (und die Außenanlage) – der Besteller kann somit die Abnahme nicht verweigern, weil die anderen Gebäude noch nicht vollständig hergestellt worden sind.

Abnahmeerklärung

Bei der Pflicht zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums handelt es sich um eine dem Besteller obliegende Pflicht. Zur Erklärung der Abnahme ist somit grundsätzlich nur der einzelne Besteller selbst berechtigt. Klauseln eines Bauträgervertrages, welche vorsehen, dass das Gemeinschaftseigentum durch einen Sachverständigen oder durch den Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft abgenommen wird, sind unwirksam. Lesen Sie hier mehr.
Die Pflicht zur Abnahme kann nicht auf die Wohnungseigentümergemeinschaft übertragen werden. Der Wohnungseigentümergemeinschaft fehlt es insoweit an der sogenannten Beschlusskompetenz. Ein Beschluss, der vorsieht, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erklären soll, ist somit nicht nur ungültig, sondern nichtig. Hier erfahren Sie mehr.

Sogenannte Nachzügler (= Besteller, welche erst deutlich später als andere Besteller einen Bauträgervertrag abgeschlossen haben) können nicht an bereits erklärte Abnahmen anderer Besteller gebunden werden.
Lesen Sie hier mehr.

Vorbehalt der Mängelrechte

Um seine Rechte bezüglich der ihm bei der Abnahme bekannten Mängel nicht zu verlieren, muss sich der Besteller seine Rechte bezüglich dieser Mängel bei der Abnahme vorbehalten.

§ 640 III BGB, wonach dem Besteller der Mängelrechte nach § 634 Nr. 1 bis 3 BGB nicht zustehen, wenn er die Mängel bei der Erklärung der Abnahme kannte, sich aber bei der Abnahme seine diesbezüglichen Rechte nicht vorbehalten hat, gilt bei der ausdrücklichen und der konkludenten Abnahme, nicht jedoch bei einer fiktiven Abnahme. Ein Ausschluss der Mängelrechte setzt voraus, dass der Besteller die Mängel bei der Abnahme kannte – ein bloßes Kennen-Müssen der Mängel ist für den Verlust der Mängelrechte nicht ausreichend.
Mehr erfahren Sie hier.

Der Vorbehalt muss bei der Abnahme erklärt werden.

Von dem Verlust der Mängelrechte nicht umfasst werden Schadensersatzansprüche nach § 634 Nr. 4 BGB.

Bis zur Abnahme obliegt es dem Bauträger, die Mangelfreiheit zu beweisen, danach liegen Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein von Mängeln beim Besteller. Für Mängel, bezüglich derer sich der Besteller jedoch bei der Abnahme seine Rechte vorbehalten hat, bleibt der Bauträger weiterhin für die von ihm behauptete Mängelfreiheit beweispflichtig. Ein Vorbehalt der Mängelrechte bei der Abnahme ändert zwar nichts daran, dass die Abnahme erklärt worden ist, er sorgt jedoch dafür, dass der Bauträger die Beweislast dafür behält, dass der gerügte Mangel nicht vorliegt.

Ausgewählte Wirkungen der Abnahme

  • die Vorleistungspflicht des Unternehmers entfällt
  • die Vergütungs- und Leistungsgefahr geht auf den Besteller über
  • die Vergütung wird fällig
  • der Besteller ist für das Vorhandensein von Mängeln beweisbelastet
  • die Verjährung für die Gewährleistungsansprüche beginnt zu laufen
  • nicht vorbehaltene Rechte (§ 634 Nr. 1 bis 3 BGB) gehen verloren

Folgen unwirksamer Abnahmeklauseln im Bauträgervertrag

Erfolgt die Abnahmeerklärung des Gemeinschaftseigentums aufgrund einer unwirksamen Klausel des Bauträgervertrages, so hat keine wirksame Abnahme stattgefunden. Mangels einer wirksamen Abnahme sind die vorgenannten Wirkungen der Abnahme nicht eingetreten – der Anspruch auf Herstellung (= Erfüllungsanspruch) besteht also weiterhin, die Gewährleistungszeit hat noch nicht begonnen.

getrennte Abnahme von Sonder- und Gemeinschafts­eigentum

Die Abnahme nach § 640 Abs. 1 BGB umfasst das gesamte nach dem Bauträgervertrag geschuldete Werk. Bei einem Bauträgervertrag umfasst die Pflicht zur Abnahme sowohl das Sondereigentum als auch das Gemeinschaftseigentum.
Da das Sondereigentum in der Regel vor dem Gemeinschaftseigentum fertiggestellt wird, könnte die Übergabe des Sondereigentums an die Besteller bereits zu einem Zeitpunkt erfolgen, an welchem noch keine Pflicht zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums besteht. Damit der Bauträger bereits mit der Übergabe des Sondereigentums vom Besteller dessen Abnahme verlangen kann, bedarf es einer vertraglichen Regelung. Bauträgerverträge enthalten daher regelmäßig eine Klausel, wonach die Abnahme des Sondereigentums getrennt von der Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgen darf.

Wenden Sie sich an mich.

Bei Fragen rund um die Abnahme stehe ich Ihnen als Experte für das Bauträgerrecht gerne zur Verfügung. Rufen Sie mich an oder nutzen Sie das Kontaktformular und vereinbaren Sie einen Termin mit mir!

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